Weinprobe
Veranstaltung | am 25. Oktober 2019 im Refektorium des Mutterhauses
Fotos: © christine lambert
Text: © götz lambert
Ein Kult(ur)getränk für Leib und Seele
Unterhaltsam-humorvolle Weinprobe im Kloster St. Vinzenz / Ehemalige Weinkönigin plaudert aus dem Nähkästchen
Heppenheim. Wer aufmerksam in der Bibel liest, dem fällt schnell auf, dass der Wein – ob im Alten oder Neuen Testament – permanent präsent ist. „Wein, Brot und Öl werden in der Bibel als Grundnahrungsmittel gepriesen“, erklärte Generaloberin Brigitta Buchler vor Beginn einer unterhaltsam-humorvollen Weinprobe im Kloster St. Vinzenz. Es sei ein, so die Ordensschwester mit einem Schmunzeln weiter, „Getränk für Leib und Seele“. Weiteres Wissen rund um den Rebensaft lieferte Hans Engelhard, seines Zeichens erfahrener Winzer und langjähriger Vorsitzender des Aufsichtsrates der Bergsträßer Winzergenossenschaft. An seiner Seite hatte er seine Tochter Sandra, die aus dem Nähkästchen einer Weinkönigin plauderte.
Die Weinprobe im St. Vinzenz-Kloster hat mittlerweile Tradition. Schon mehrmals lud die Ordensgemeinschaft ein. Immer aufs Neue versammelt sich eine weinfrohe Gemeinde in den schönen Klosterräumen. Die Schwestern ihrerseits bereiten den Raum mit viel Geschmack und Liebe vor, damit sich die Gäste fast wie zu Hause fühlen. Schwester Brigitta ist es ein Anliegen, das Ordenshaus zu öffnen, den Kontakt mit den Bürgern der Stadt herzustellen und den Gästen ins Bewusstsein zu rufen, dass das Kloster ein wesentlicher und vor allem sehr lebendiger Bestandteil der Kommune ist.
Die Weinprobe ist dafür das beste Beispiel. Jahr für Jahr pilgern die Interessenten ins Kloster und lassen sich von Experten in die Welt der Winzer entführen. Mit Hans Engelhard konnte Schwester Brigitta einen fundierten Kenner der Materie gewinnen. Der alteingesessene Heppenheimer redet nicht abgehoben daher, sondern sagt offen und ehrlich seine Meinung, besonders wenn es um bestimmte Themen wie das Geschmacksempfinden geht. Wenn Gurus meinen, Wein schmecke beispielsweise nach getrockneten Birnen, frischen Ananas oder gerösteten Mandeln, kann er nur müde lächeln. Gut müsse er schmecken, nicht mehr und nicht weniger. Alles andere ist aus Sicht des Weinexperten nur Schnickschnack.
Im Sortiment hatte Hans Engelhard eine bunte Mischung aus dem Keller der BGW mitgebracht, angefangen von einem spritzigen Primasecco – „eine Methode, um die Sektsteuer zu sparen“ – über einen süffigen Spätburgunder aus der Lage Lützelsachsener Rittersberg bis hin zum „Botschafterwein“, einem Rotling feinherb aus der Lage Heppenheimer Steinkopf. Zu diesem Wein hatte Engelhard noch ein Bonmot parat: „Die Schweißperlen der Promis, die die Trauben ernten, liefern die besondere Note des Weins“.
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Erstaunt waren die Probierenden, als Hans Engelhard einen Wein aus dem aktuellen Jahrgang, also 2019, ausschenkte. Es handelte sich um eine Fassprobe eines Müller-Thurgau aus der Weinheimer Lage Rittersberg. Er sei, so der Moderator ausführend, noch nicht fertig, zeige aber schon jetzt seine feine Frucht. Nicht unerwähnt sollte der Rote Riesling aus der Lage Heppenheimer Eckweg bleiben, den Engelhard als Gewinner des Klimawandels ausmacht. Die GBW hat aktuell 48000 Liter dieses Weines gekeltert. Apropos Klimawandel: Die Öchslewerte steigen fast von Jahr zu Jahr. In diesem Herbst liegt der Durchschnitt bei enormen 86 Grad Öchsle.
Hans Engelhard garnierte seine fachmännischen Ausführungen mit witzigen Sprüchen – „wer eine Steillage bewirtschaftet, spart sich das Fitnessstudio“ -, Anekdoten und passenden Geschichten. Sein perfektes Pendant war seine Tochter Sandra, die im Jahre 1996 als Bergsträßer Weinkönigin fungierte. Damals traten die Hoheiten noch im Dirndl auf und besaßen einen Metallkelch. Zu den Terminen fuhren die Königinnen im eigenen Auto und von Spesen konnte keine Rede sein. „Wir waren einfach in der Haltung“, erklärte Sandra unter dem Lachen der Anwesenden.
Keine Frage: Die Tochter des Weinexperten war eine Bereicherung des Abends und begeisterte die Zuhörer mit ihren Geschichten aus ihrer Weinköniginnenzeit. Vater und Tochter präsentierten sich als eingespieltes Team, das auf wohltuend unspektakuläre Weise die Zuhörer faszinierte. „Es war hier jedenfalls wesentlich ruhiger als in allen Festzelten“, befand Engelhard am Ende der Probe.
„Es war ein wunderbarer Abend“, ergänzte eine rundum zufriedene Generaloberin. Schwester Brigitta dankte Hans Engelhard für die vielen Fakten rund um den Wein und seiner Tochter Sandra, „die aus dem Nähkästchen plauderte“. Im Anschluss an den „offiziellen“ Teil hatten die Gäste noch Gelegenheit, den einen oder anderen Probenwein ein zweites Mal zu testen und mit den Moderatoren ins Gespräch zu kommen.